Milbenkäse aus Deutschland
Der Milbenkäse
(mundartlich auch Mellnkase genannt) ist eine Käsespezialität aus dem sachsen-anhaltischen Würchwitz und dem ostthüringischen Altenburger Land.
Bei der Reifung werden Käsemilben eingesetzt – im Gegensatz zu Bakterien oder Schimmelpilzen bei anderen Käsesorten.
Herstellung
Zur Herstellung wird ein gründlich entwässerter und einige Tage getrockneter Frischkäse in Magerstufe (Fettgehalt in der Trockenmasse liegt bei etwa 1 %)
zunächst gewürzt (vor allem mit Salz und Kümmel) und dann geformt, z. B. zu Stangen oder handtellergroßen Kugeln, in denen sich eine Holunderblütenrispe befindet,
deren Stiel aus der Kugel herausragt. Diese als Holunderbirne bezeichnete Form ermöglicht, dass die Milben in den Käse eindringen können,
um auch von innen zum Reifeprozess beizutragen. Die entsprechend geformten Käse werden anschließend ein bis zwölf Monate in einer Kiste gelagert,
in der sich mehrere Millionen Käsemilben (Tyroglyphus casei) befinden. Zur zusätzlichen Ernährung der Milben wird Roggenmehl verwendet. Dies verhindert auch,
dass die Milben den Käse selbst zu stark abfressen. Der Speichel der Milben bewirkt vermutlich die Fermentation der Käserohmasse.
Im Verlaufe des von außen nach innen ablaufenden Reifungsprozesses färbt sich das Äußere des Käses nach etwa vier Wochen gelb,
bis es nach drei Monaten in ein rötliches Braun und nach einem Jahr schließlich in eine schwärzliche Färbung übergeht. Beim Verzehr des Käses leben die Milben noch und werden mitgegessen.
Sein Geschmack erinnert an einen je nach Alterungsgrad leicht bis äußerst kräftigen Harzer Käse mit einem prickelnden, leicht bitteren Nachgeschmack.
Der Geruch ist u. a. salmiakartig.
Gesundheitlich ist der Genuss des Käses unbedenklich. Die Herstellung ist durch das Lebensmittelamt genehmigt und wird regelmäßig geprüft,
weiterhin finden regelmäßig firmeninterne mikrobiologische Kontrollen statt.
Geschichte
Bereits seit dem Mittelalter wurden in der Gegend um Zeitz und Altenburg Käsemilben gezüchtet.
Da in früheren Zeiten Milbenbefall ein bekanntes Risiko bei der Käselagerung darstellte, wurde mit der Milbenkäseherstellung gewissermaßen aus der Not eine Tugend gemacht,
indem die eigentlich Schädlinge darstellenden Milben als Nutztiere in den Produktionsprozess einbezogen wurden. Um 1970 drohte die Tradition verloren zu gehen,
da nur noch eine einzige ältere Frau – Liesbeth Brauer – in Würchwitz Milbenkäse herstellte.
Der dort ansässige Biologie- und Chemielehrer Helmut Pöschel begann daraufhin selbst mit der Milbenzucht und engagierte sich für die Wiederbelebung der Tradition,
indem er Öffentlichkeitsarbeit betrieb und verschiedene Veranstaltungen ins Leben rief.
Vor wenigen Jahren wurde anlässlich des traditionellen Kleefestes auf dem Dorfplatz in Würchwitz der Käsemilbe ein Denkmal errichtet.
In jüngster Zeit wurde durch die Initiative von Helmut Pöschel und Christian Schmelzer der Milbenkäse in die „Arche des Geschmacks“,
ein internationales Projekt von Slow Food e. V., aufgenommen.
Quelle: Wikipedia.de